Menu

Deshalb wird PSA nicht getragen - 4 psychologische Einflüsse & 3 Empfehlungen

Es ist wichtig, auch die psychologischen Einflussfaktoren zu kennen im Arbeitsalltag. Damit man weiß, warum sich manche Leute eben nicht an Vorgaben halten.

In der Podcast-Episode 173 sprechen wir drüber, warum manche MitarbeiterInnen ihre persönliche Schutzausrüstung einfach nicht verwenden, also den Helm nicht aufsetzen, die Schutzbrille nicht tragen oder auch die Haltegurte nicht angelegen.
Nach dieser Episode kennen Sie die wichtigsten psychologischen Einflussfaktoren. Und Sie wissen dann auch, wie Sie solche MitarbeiterInnen ansprechen können - ohne Widerstand zu erzeugen.

Denn es ist ja ärgerlich, wenn MitarbeiterInnen die PSA nicht verwenden, oder? Wir als PräventionsexpertInnen wissen, was helfen würde. Wir können super Handschuhe, Sicherheitsschuhe, Helme & Co empfehlen. Aber wenn die MitarbeiterInnen diese dann nicht verwenden, dann sind wir bald mal ratlos.

Und in dem Moment, wo ich den Podcast aufnehme, sehe ich, wenn ich aus dem Fenster schaue, wie Handwerker beim Nachbarhaus eine Solaranlage installieren. Und die 3 Herren gehen ohne Absturzsicherung über das Dach. Ja, oben ist eine flache Stelle, wo man grundsätzlich stehen kann, aber das Haus hat trotzdem 3 Stockwerke und wenn da einer runterfällt, will ich mir nicht ausmalen, was passiert.

Gleichzeitig bin ich ja Arbeitspsychologin. Das heißt, ich bin nicht diejenige, die Leute tagtäglich von PSA überzeugt. Aber ich war schon oft in ASA-Sitzungen bei meinen Firmenkunden, wo das Thema war. Oder wo Arbeitsunfälle nachbesprochen wurden, wo fehlende PSA ein Problem war. Und ich berate Menschen in Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin, welche psychologischen Phänomene dahinter stecken, wenn Beschäftigte ihre PSA nicht tragen. Und auch, wie sie damit umgehen können.

Warum ist das Thema wichtig?

Warum ist es wichtig, auch die psychologischen Hintergründe zu kennen? Weil, wenn es reichen würde, Vorschriften zu machen, dann hätten wir ja keine Probleme mit Arbeitssicherheit, oder? Weil Gesetze, Normen und Vorgaben zu machen, ist leicht. Aber Papier ist eben auch geduldig.

Es ist wichtig, auch die psychologischen Einflussfaktoren zu kennen im Arbeitsalltag. Damit man weiß, warum sich manche Leute eben nicht an Vorgaben halten. Denn nur so kann man dann auch wirksam Einfluss nehmen.

Aber mir ist schon auch klar, dass das schwierig ist. Denn vielleicht haben Sie als Fachkraft für Arbeitssicherheit viel Zeit investiert in die richtige Auswahl. Wahrscheinlich haben Sie die Leute vorher eingebunden, was diese genau haben wollen. Die Firma hat viel Geld investiert in die Anschaffung der PSA. Und dann wird sie nicht verwendet. Ärgerlich! Also schauen wir uns mal 4 psychologische Einflussfaktoren an:

1. Das sind einerseits kognitive Verzerrungen (auch "Bias" genannt)

  • Wie das "Mir passiert das nicht"-Phänomen, wo man das Risiko unterschätzt, wenn man einer Situation schon häufig ausgesetzt war. Das trifft auf Männer stärker zu als auf Frauen.
  • Bestätigungs-Bias: Wir bemerken eher Dinge, die unsere bisherige Einstellung / Meinung unterstützen. Deshalb fällt es uns schwer, Dinge überhaupt zu erkennen, die nicht unseren bisherigen Glauben unterstützen.

2. Dann wirken auch psychische Belastungen

  • Wie der wahrgenommene Zeitdruck.
  • Die Prioritäten der Führungsebene: PSA nicht zu suchen oder keine Absturzsicherung anzulegen, ist einfach schneller. Und den Beschäftigten ist ziemlich klar, ob der Führungsebene die Arbeitssicherheit wirklich ein Anliegen ist oder nur ein Lippenbekenntnis und ob eigentlich die Produktivität zählt. Und wenn eine Person von der Führungskraft dafür kritisiert wird, dass sie die PSA nicht trägt, dann spielt die Art und Weise, wie das kommuniziert wird, eine große Rolle.

3. Und auch soziale Einflüsse, also Gruppendynamiken im Team und die Präventionskultur eines Betriebs wirken sich auf die Tragebereitschaft aus.

4. Ganz grundlegend wirken auch immer die psychischen Bedürfnisse von Einzelpersonen. Eine Person mit ausgeprägtem Freiheitsdrang lässt sich einfach ungern Dinge vorschreiben. Andere wollen andere Menschen und Prozesse beeinflussen. Und wiederum anderen ist es wichtig, sich mit anderen Leuten auszutauschen und Teil einer Gruppe zu sein.

Jetzt können wir das erklären. Aber was können wir tun bei MitarbeiterInnen, die eben immer noch keine PSA tragen?
Gehen Sie mal grundsätzlich davon aus, dass die Person, die da gerade die PSA nicht trägt, gute Gründe dafür hat. Dann fängt das Gespräch schon mal positiv an und nicht als Konfrontation. Und machen Sie auch bei Witzen klar, dass Ihnen die Gesundheit und Sicherheit von Ihrem Gegenüber ein echtes Anliegen ist. Sie könnten übertreiben im Sinne von: "Auch 2024 haben Menschen noch keine Flügel, also verwende bitte die Absturzsicherung." oder auch "Wenn du blind bist, wird es schwierig morgen den Holzkasten fertig zu bauen, also trag bitte die Schutzbrille beim Sägen."
Aber in einem ruhigen Moment sollte schon auch immer das Gespräch auf Lösungen gelenkt werden: "Was brauchst du, damit du die PSA wirklich regelmäßig trägst?"

Weitere Empfehlung:

Podcast-Episode 29: "Fünf Dinge, die fast alle falsch machen in der Arbeitssicherheit"

Und wenn Sie bereit sind, Ihre Überzeugungskraft zu steigern und sich auszutauschen mit einem großen Netzwerk von KollegInnen aus der betrieblichen Prävention: Schauen Sie vorbei unter www.PioniereDerPraevention.com/Akademie .
Denn wir wissen beide: Um wirklich etwas zu bewegen in Arbeitssicherheit & Gesundheit, braucht es mehr als Fachwissen!

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Veronika Jakl auf LinkedIn:
Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":
Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

back to top